„Quo vadis Freilandmuseum?“ - Standortbestimmung und Leitbildprozess des Oberpfälzer Freilandmuseums Neusath-Perschen
Das Selbstverständnis und davon ausgehend die Funktionen von Museen haben sich seit den ersten fürstlichen Kunst- und Wunderkammern vor rund 450 Jahren stark verändert. So erlebte die Institution Museum in Zuge der Aufklärung eine Öffnung für das bürgerliche Publikum und avancierte zum identitätsstiftenden Ort, an dem Kunst, Geschichte, Technik oder Exotik bürgerliches Selbstbewusstsein stifteten. Parallel mit der fortschreitenden Industrialisierung entstanden die ersten volks- und heimatkundlichen Museen, welche oft romantisierend und sehnsüchtig auf das im Verschwinden begriffene „ursprüngliche“ bäuerliche Leben der Menschen in einer vermeintlich „guten, alten“ Zeit blickten. Dies war die Geburtsstunde der ersten Freilichtmuseen in Skandinavien, in deren parkähnlichen Geländen erstmals historische Gebäude transloziert wurden.
Gegenwärtig stehen die Freilichtmuseen vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen: Konkurrenzangebote mit naturnahem Infotainment wie Waldwipfelwege, Umweltstationen oder Hochseilgärten erfordern neue Marketing- und Kommunikationsstrategien, Urbanisierung und Mobilitätswende stellen höhere Anforderungen an die Erreichbarkeit der oft im ländlichen Raum gelegenen Museen, nur noch wenige Menschen haben einen direkten Bezug zur Landwirtschaft, weshalb neue Vermittlungsansätze erforderlich sind und wie soll ein Museum, welches historische Gebäude bewahrt, eigentlich barrierefrei werden?
Die spannendste Frage ist jedoch, wie sich die Freilichtmuseen inhaltlich angesichts der Transformationsprozesse des ländlichen Raums im 20. und 21. Jahrhundert positionieren. Bleiben sie weiter Museen der vorindustriellen Landwirtschaft oder stellen sich der Herausforderung der Themenfeldern des 20. und 21. Jahrhunderts?
Das Seminar wird sich nach einer grundlegenden Einführung in die Arbeitsfelder des (Freiland-)Museums intensiv mit dem Oberpfälzer Freilandmuseum auseinandersetzen. Ausgehend von einer Analyse des Ist-Zustandes sind die Studierenden eingeladen, sich aktiv in den derzeitig laufenden Leitbildprozess des Museums einzubringen und in kleinen Arbeitsgruppen zusammen mit den zuständigen KollegInnen des Museums für die unterschiedlichen Handlungsfelder der Museumsarbeit, von der Sammlungstätigkeit, über Ausstellungs- und Vermittlungsangebote für bis dato unerschlossene BesucherInnengruppen bis hin zu Marketing und Besucherservices, Ideen und Konzepte zu entwickeln und ggf. umzusetzen. Damit bietet das Seminar den Studierenden die einmalige Gelegenheit, sich in die Neupositionierung eines der führenden Freilandmuseen Bayerns einzubringen.
Zu erbringende Leistungen:
regelmäßige Teilnahme, Präsentation der Gruppenarbeitsergebnisse, schriftliches Projektkonzept
Das Seminar beinhaltet Exkursionen in das Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen.
Den Teilnehmenden steht im Anschluss des Seminars die Möglichkeit offen, Ihre Projekte im Rahmen eines Praktikums umzusetzen.
Literatur:
Zippelius, Adelhart (Hg.): Handbuch der europäischen Freilichtmuseen, Köln 1974 [=Führer und Schriften des Rheinischen Freilichtmuseums und Landesmuseums für Volkskunde]
Waldemer, Georg: Freilichtmuseen in Bayern. Geschichte – Konzepte – Positionen. Berlin, München 2006, [= MuseumsBausteine. Bd. 11]
May, Herbert, Waldemer, Georg: Aufbaukonzepte und Substanzerhalt in den Freilichtmuseen. Ein Überblick. In: May, Herbert, Waldemer, Georg (Hg.): Grenzen des Wachstums. Zur Zukunft der des Bauens in Freilichtmuseen. Bad Windsheim 2018 [=Aufsatzband zur Jahrestagung der Fachgruppe Freilichtmuseen im Deutschen Museumsbund „Grenzen des Wachstums? Zur Zukunft des Bauens in Freilichtmuseen“ vom 17. Bis 19. September 2017 im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim]