Unsere heutige Gesellschaft wird häufig als „Wissensgesellschaft” tituliert. Damit wird auf die besondere Bedeutung hingewiesen, welche kollektives und individuelles Wissen für eine Gesellschaft besitzt. Die frühe Neuzeit war so verstanden eine „Wissensgesellschaft par excellence” – Umbrüche in Politik, Gesellschaft, Kultur und Kunst waren der Erweiterung von Wissen geschuldet, sei es in der Erschließung der neuen Welt, der Erforschung des Universums, der humanistischen Besinnung auf antike Bildung, der Entwicklung des technischen Wissens. Sie war aber auch eine Epoche des Wissensspeicherns von der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhunderts bis in die Phase der Enzyklopädien des 18. Jahrhunderts. Frühneuzeitliche Bibliotheken sind als wesentliche Orte des frühneuzeitlichen Wissens prädestiniert, um herauszufinden, was diese Sammlungen von Wissen mit der Gesellschaft verbindet, in der dieses Wissen gesammelt wird. Inwiefern wird die Sammlung von Wissen zu einem gesellschaftlichen bzw. einem politischen Faktor? Welches Wissen wird gesammelt, welches nicht, und wie wird das gesammelte Wissen genutzt? Wir werden in der Übung verschiedene Bibliothekstypen, wie z.B. Privatbibliotheken, Ratsbibliotheken, Klosterbibliotheken, Schlossbibliotheken, ihre spezifischen Sammlungen und ihre Akteure kennenlernen. Wir werden mit sehr unterschiedlichen Quellenarten arbeiten wie z.B. mit Inventarlisten, Grundrissen, wissenschaftlichen Manuskripten, Korrespondenzen oder frühen Drucken. Und wir werden einem eng verflochtenen Europa nachspüren, welches uns vertraut und fremd zugleich erscheinen wird.