Übung - Quellenkunde - Theorie und Methode
In diesem Quellenlektürekurs lesen wir nach einer kurzen Einführungsphase zur Geschichte der Jesuitenmissionen in Übersee solche Quellen, die von Jesuiten in der Neuen Welt verfasst wurden. Dazu zählen einerseits Briefe und (Reise-)Berichte, andererseits jesuitische Zeitschriften wie der Neue Welt-Bott sowie Chroniken, die die Geschichte jesuitischer Missionen aus Sicht des Ordens erzählen. Seit Beginn der europäischen Expansion wirkte die 1534 gegründete Societas Jesu in der Neuen Welt in den kolonialen Städten, aber auch in den an den Grenzen des Kolonialsystems eingerichteten Missionen. Im Laufe der 1760er und 1770er Jahre erfolgte die Ausweisung des Ordens aus den Missionsgebieten in Übersee. Im Laufe ihrer fast zwei Jahrhunderte andauernden Präsenz in Süd- und Nordamerika hielten die Jesuiten in den jeweiligen Missionen einen regelmäßigen Schriftwechsel mit den Ordensprovinzen aufrecht, die diese Informationen wiederum nach das administrative und politische Zentrum der Jesuiten nach Rom weitergaben. Zentrale Fragen, die wir an die Quellen stellen werden, sind: Welches Wissen über die Neue Welt wird in den Berichten vermittelt? Welche Interessen verfolgen die Jesuiten mit der Berichterstattung? Wie wurde dieses Wissen in Europa rezipiert?
Religion war eine der treibenden Kräfte innerhalb der europäischen Expansion seit dem Ende des 15. Jahrhunderts. Die katholischen Großmächte Spanien und Portugal teilten im Vertrag von Tordesillas die damals bekannte Welt unter sich auf: Während Spanien bis auf Brasilien Nord- und Südamerika zugesprochen bekam, wurde Asien und Afrika Portugal zugeteilt. Zeitgleich zur Kolonisierung begann die Missionierung autochthoner Völker in der Neuen Welt durch katholische Geistliche in den beiden Amerikas, die mit „Schwert und Kreuz“ erobert werden sollten. Auch wenn protestantisch geprägte Länder wie die Niederlande oder England erst vergleichsweise spät am kolonialen Wettrennen teilnahmen, so bildete die Reformation doch schon seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts den historischen Rahmen für die katholische Mission in Außereuropa. Die Missionierung und Christianisierung von ‚Heiden‘ diente vor allem dem Zweck, den Verlust von Gläubigen an den Protestantismus wiedergutzumachen. Ähnlich sahen protestantische Missionare später dann ihre Rolle als außereuropäisches Bollwerk gegen die Ausbreitung des Katholizismus. Im Proseminar beschäftigen wir uns mit der vielschichtigen Geschichte der europäischen Expansion aus einer religionshistorischen Perspektive. Im Vordergrund stehen dabei die wichtigsten Forschungsdebatten, mit denen wir uns anhand aktueller Literatur sowie ausgewählter Quellen vertraut machen werden. Auf dieser Grundlage bieten das Proseminar sowie das begleitende Tutorium die Gelegenheit, die Grundlagen geschichtswissenschaftlicher Arbeit zu erlernen.
Im Anschluss an die Vorlesung zur „Reformation im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation” richten wir im Hauptseminar einen vergleichenden Blick auf die Prozesse der Reformation in unterschiedlichen europäischen Regionen, die durch ganz andere soziale, ökonomische, politischen und verfassungsrechtliche Strukturen geprägt waren und deshalb auch ganz andere reformatorische Dynamiken aufwiesen. Verglichen werden sollen u.a. die Reformationen in England, in den Niederlanden, in Dänemark, Schweden mit ausgewählten Reichsterritorien, wobei je nach Interessenlage der Studierenden auch die konfessionellen Entwicklungen in anderen Ländern wie Polen oder auch Siebenbürgen einbezogen werden können. Dabei geht es nicht zuletzt darum, am konkreten Beispiel die Methoden und Tücken des historischen Vergleichs als zentrale Methode der Geschichtswissenschaft kennenzulernen.
Die Textgattung der Fürstenspiegel, welche konkrete Verhaltensanforderungen an den Fürsten als weltliche Obrigkeit eines Territoriums formulieren, entstand im hohen Mittelalter, erlebte aber auch in der Frühen Neuzeit wiederum eine Blüte. Wir wollen in dieser Übung anhand ausgewählter Quellentexte der Frühen Neuzeit Idealbilder des Fürsten, des guten Regiments, analysieren und im Hinblick auf ihre Rezeption und zeitgenössische Bewertung hinterfragen. Welche Qualifikationen und welche moralisch/ethischen Einstellungen sollten Herrscher in der Frühen Neuzeit aufweisen und wir würden wir diese aus heutiger Sicht bewerten? Wer verfasste überhaupt mit welchen Motiven solche Fürstenspiegel und welche Funktionen kamen diesen Texten womöglich im Rahmen der Ausbildung und Erziehung, aber auch der Herrschaftsrepräsentation von Fürsten zu.
Die Veranstaltung richtet sich an Doktoranden, Magistranden und BearbeiterInnen von Zulassungsarbeiten. Es werden Themen, Inhalte und Methoden von Qualifikationsarbeiten diskutiert; außerdem stellen auswärtige WissenschaftlerInnen ihre Forschungsprojekte vor.
Diplomatiegeschichte zählt zu den klassischen Feldern der Geschichtswissenschaft. Nachdem dieser Ansatz lange Zeit als traditionell, langweilig oder gar reaktionär verschrien war, ist die Erforschung internationaler Beziehungen inzwischen ins Zentrum der historischen Forschung gerückt. Vor allem unter kultur- und sozialgeschichtlichen Fragestellungen erscheint dabei die Epoche der Frühen Neuzeit als besonders aufschlussreich, hier entwickelte sich das Völkerrecht, hier entstand das Berufsbild des Diplomaten, hier wurden bis heute wichtige Instrumente der Diplomatie wie die ständige Vertretung oder die Kongressdiplomatie entwickelt. Verbunden mit diesen Entwicklungen ist die Entstehung eines europäischen Staatensystems, dessen besondere Dynamiken des Konfliktaustrags und der Konfliktregelung mitunter auch aus heutiger Perspektive erhellende Einsichten über den Umgang mit internationalen Krisen erlauben.