Fragen
um das ethnische Paradigma erfahren eine zunehmende Thematisierungskonjunktur,
die auch in den Kulturwissenschaften und ihren Nachbardisziplinen Anklang
findet. In der alten Volkskunde wurden diese Diskurse unter Aspekten von ,Volk‘
und ,Stämmen‘ sowie der Landsmännlichkeit geführt und zugespitzt. Dies spielt
in Deutschland teilweise bis heute eine Rolle – bayerische Traditionen oder
rheinischer Humor sind nach wie vor Teil medialer Diskurse oder touristischer
Inszenierungen. Im Angesicht von Migrationsgegenwarten und postkolonialen
Perspektiven und Zugängen sind diese traditionellen Auseinandersetzungen
zugleich beständig erweitert und erneuert worden. Stichworte wie
Multikulturalismus, intersektionale Denkansätze, (Anti-)Rassismusdebatten oder
die zunehmende Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands
und ihren Nachwirkungen verändern nicht nur den engeren Kanon der
Wissenschaften, sondern spielen auch in politischen, populistischen und
gesellschaftlichen Debatten eine tragende Rolle.
Das
folgende Seminar nimmt dies zum Anlass, aus einer spezifisch
kulturwissenschaftlichen Perspektive zu betrachten, wie derartige Diskurse
historisch gewachsen sind und wie sie sich gegenwärtig gestalten.
Wir
versuchen, nach allgemeinen Begriffsklärungen und dem historischen Gewordensein
auch einen Blick auf aktuelle Entwicklungen zu richten. Das Themenspektrum
reicht dabei von der deutschen Kolonialgeschichte und ihrer Rezeption über
aktuelle museale Inszenierungen, z.B. im Humboldtforum, bis zum modernen
Populismus, populärkulturellen oder netzbasierten Verhandlungen.