Die sogenannte ‚deutsch-französische Erbfeindschaft‘
war in der Moderne ein feststehender Topos nationalistischer Politik, der in
den beiden großen Kriegen des 20. Jahrhunderts der Legitimation von Gewalt
gegen den territorialen Nachbarn diente. Im Proseminar gehen wir den tieferen Wurzeln
jener vielfach instrumentalisierten und modifizierten Erzählung vom vermeintlich
unausweichlichen Kampf zwischen Deutschen und Franzosen nach.
Ein erster Fokus gilt der Ereignisgeschichte, wobei
primär die konfliktreichen Beziehungen zwischen Frankreich und dem Heiligen
Römischen Reich Deutscher Nation in der Frühen Neuzeit (1500–1800) in den Blick
geraten. In dieser Phase prägte der dynastisch begründete ‚habsburgisch-französische
Gegensatz‘ die europäische Mächtepolitik, und mündete in militärische Auseinandersetzungen
– wie etwa die Italienkriege ab 1494 oder den pfälzischen Erbfolgekrieg 1688–97.
Darüber hinaus gilt es indes, Narrative von einem Dauerkonflikt kritisch zu
hinterfragen, um auf Friedensphasen, wirtschaftliche Verflechtung,
diplomatische Beziehungen, militärische Kooperation, und ungemein fruchtbare
Prozesse kulturellen Austauschs aufmerksam zu machen. Ein zweiter Fokus des
Kurses liegt demgemäß auf dem Konstruktcharakter historischer Feindbilder. So
kann – ausgehend von der Analyse konkreter historischer Ereignisse und
zeitgenössischer Reflexionen – diskutiert werden, wie diese in der Propaganda
aber auch der Historiographie ab dem 19. Jahrhundert ausgedeutet wurden.