Die DDR war einer der größten Uranproduzenten weltweit. Sowohl im
Erzgebirge als auch im östlichen Thüringen wurde das Schwermetall
abgebaut und direkt in die Sowjetunion verbracht, wo das Uran aus der
DDR etwa 60% des Bedarfs deckte. Eigens für diese Zwecke wurde die
„Wismut AG“ als deutsch-sowjetische Aktiengesellschaft gegründet, die
bis zum 1. Januar 1991 bestand. Der Uranabbau hat bei den Bergleuten oft
tiefgreifende Gesundheitsschäden hinterlassen. Tausende starben an
Staublunge oder erkrankten wegen der Strahlung an Krebs. Nicht nur die
Menschen trugen die Folgen des Uranabbaus, auch die Landschaften in den
erzgebirgischen und vogtländischen Dörfern und rund um die thüringische
Stadt Ronneburg wurden gravierend verändert. Seit Anfang der 1990er
Jahre läuft die Rückbauarbeit an den ehemaligen Wismut Standorten im
Osten Deutschlands. Die Sanierung aller Wismut-Hinterlassenschaften
wurde vom Bund seither mit 7 Milliarden Euro bezuschusst und wird
voraussichtlich noch bis 2050 andauern. Schon jetzt gilt sie im
weltweiten Vergleich als Erfolgsmodell im Umgang mit radioaktiven
Altlasten. Trotz dieser „Erfolgsgeschichte“ bleiben viele Fragen offen.
Während die Sanierung der Bergbaufolgelandschaften das Vergangene
verschwinden lässt, steht die zukünftige Erinnerung an das Geschehene
vor Ort zur Disposition: Welche Geschichten sollen erzählt werden und in
welcher Form? In Ronneburg wurde das ehemalige Abbaugebiet im Jahr 2007
als Gelände der Bundesgartenschau genutzt und entsprechend umgestaltet.
Seither besteht die „Neue Landschaft Ronneburg“ als Park und
Naherholungsgebiet am Rande der Stadt. Die ästhetisierte Landschaft
wurde der meisten historischen Relikte entledigt. Ihre räumliche
Gestaltung lässt zwar weitläufige Reminiszenzen an ein Tagebauloch
erahnen, eine narrative Rahmung des Geländes mit einer historischen
Erzählung fehlt – bis auf die Ausstellung historischer technischer
Gerätschaften – jedoch weitgehend. Das Projekt setzt hier an und wird
die historischen Schichten der ästhetisch überformten Landschaft hörbar
und als Audiowalk für Besucher*innen erfahrbar machen. Dabei wird sowohl
die Geschichte vor dem großflächigen Uranabbau eine Rolle spielen, als
auch die DDR Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Alltagsgeschichte. Der
Inhalt der Hörstationen des Audiowalks wird von Studierenden erarbeitet
und in ein bestehendes technisches System eingespeist. Dabei lernen die
Studierenden nicht nur den technischen und administrativen Umgang mit
einem webbasierten Contentmanagementsystem (CMS), sondern können auch
eigene Formate gestalten. Sie beschäftigen sich auch damit, wie eine
Geschichte zum Hören aufgebaut und geschrieben werden muss. Die
Studierenden erwerben somit grundlegende berufsrelevante Kompetenzen und
erhalten zudem Einblicke in einen Pubic-History-Prozess, an dem
vielfältige Akteure vor Ort beteiligt sind. Im Ergebnis entsteht eine
webbasierte App, die auf den gängigen mobilen Endgeräten der
Besucher*innen ausgespielt werden kann. Mit dem Audiowalk für die „Neue
Landschaft Ronneburg“ entsteht ein nachhaltiges, nicht invasives
Geschichtsprodukt, das sowohl technisch als auch inhaltlich als Nukleus
für weiterführende Projektarbeiten genutzt werden kann.