Geschichten aus dem Anthropozän Klima, Nachhaltigkeit, Zukunft im Prisma alltäglichen Erzählens
Mi, 12-14 Uhr | Hörsaal 21
Die Klimakrise des 21. Jahrhunderts zählt zu den bestimmenden politischen und gesellschaftlichen Zukunftsthemen unserer Zeit. Während dabei in den seriösen Klimawissenschaften ein breiter Konsens über die Rolle des Menschen am Klimawandel im Anthropozän besteht, ergibt sich auf Alltagsebene ein anderes Bild. Hier führt die lokale Aushandlung der drohenden globalen Katastrophe zu einer Vielzahl von Konflikten, die sich narrativ in Ängsten, Aktivismus, Protest- und Gegenprotestbewegungen mannigfaltig manifestieren. Daran wird deutlich, dass die Wahrnehmung von Entwicklungen als Krisen vor allem eine kulturelle Tatsache ist.
Das Seminar versucht mit narratologischen und medienanalytischen Methoden die wichtigsten Konflikterzählungen zum Thema Klima offenzulegen. Das Ziel ist es, zentrale Argumentationslinien, Selbstpositionierungen, kulturelle Normen und Bedürfnislagen zu dokumentieren. Zu diesem Zweck sprechen wir im Verlauf des Seminars unter anderem mit Fridays-For-Future-Aktivist*innen und Klimaskeptikern, beleuchten die Rolle von Memekulturen und Internetforen und diskutieren die Inszenierungen von Klima-Influencer*innen und Gegner*innen. Ziel ist es, Konflikte und Wissenszirkulation in Bezug auf das Megathema unserer Zeit anhand einer akteurszentrierten Vorgehensweise, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, zu identifizieren.
Die Studierenden eignen sich im Verlauf des Seminars Wissen zur kulturwissenschaftlichen Erzählforschung und ihrer Methodik an. Sie verstehen aktuelle Konflikte zum Thema Klima als kulturelles Diskursfeld. Sie erwerben die Fähigkeit, auf der Grundlage narratologischer und medienanalytischer Methodik eigene Fragestellungen und Studien zu entwickeln.
Prüfungsleistung: Seminararbeit in Form eines Blogbeitrags (auch Radiofeature, Video möglich) (Abgabetermin: 31. März 2023)
Studienleistungen: Mündliche Präsentation, Lektüreaufgaben, selbständige Recherche und Interviews
BLOG: https://anthropocenetales.wordpress.com
Einführende Literatur:
Crate, Susan A./Nuttall, Mark: Anthropology and Climate Change. New York 2016. DOI: https://doi.org/10.4324/9781315530338 (23.06.2021).
Dietzsch, Ina: Klimawandel. Kulturanthropologische Perspektiven darauf, wie ein abstrakter Begriff erfahrbar gemacht wird. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 113 (2017): S. 21–39.
Eriksen, Thomas Hylland: Climate Change. In: Cambridge Encyclopedia of Anthropology (2021). URL: https://www.anthroencyclopedia.com/entry/climate-change (23.06.2021).
Kuckuck. Notizen zur Alltagskultur:Klima. Heft 2/20 (2020).
Lehmann, Albrecht: Reden über Erfahrung: kulturwissenschaftliche Bewusstseinsanalyse des Erzählens; Berlin 2007 (Reimer Kulturwissenschaften).
Lehmann, Albrecht: Bewusstseinsanalyse. In:
Göttsch-Elten, Silke/Lehmann, Albrecht: Methoden der Volkskunde: Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der Europäischen Ethnologie; 2., überarb. und erw. Aufl, Berlin 2007 (Ethnologische Paperbacks).
Meyer, Silke: Narrativität. In: Heimerdinger, Timo/Tauschek, Markus (Hgg.): Kulturtheoretisch argumentieren: ein Arbeitsbuch. Münster u. a. 2020, S. 323–350.
Meyer, Silke: Narrative ethics and cultural analysis. Insolvency stories and moral debt relief. In:
Fabula 59 (2018), H. 1–2, S. 50–69. DOI: https://doi.org/
10.1515/fabula-2018-0004.