Die zunehmende Durchdringung aller Lebensbereiche mit Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ist längst auch im universitären Wissenschaftsbetrieb angekommen. Dabei fällt auf, dass manche Disziplinen eher dazu neigen von digitalen Arbeitstechniken und Werkzeugen Gebrauch zu machen als andere. Es sind dies einerseits die Naturwissenschaften, die von jeher stärker auf Mathematik und Berechenbarkeit aufbauen, und bei denen die Verwendung von Computern und spezifischer Software bereits sehr früh Einzug gehalten hat, andererseits aber auch jüngere Fachrichtungen, wie bspw. Medieninformatik, Informations- oder Medienwissenschaft, welche ebenfalls in erheblichem Maße auf digitale Arbeitstechniken und Tools zurückgreifen.
Bei letztgenannten liegt die Begründung einerseits in der häufig schon fachbedingten Auseinandersetzung mit computerbasierten Werkzeugen (Fachgegenstand: Medien, Information und Informatik), andererseits vielleicht auch an der Selbstverständlichkeit mit der man in den letzten Jahren Computer und Internet in allen Bereichen des Alltags, sowohl privat als auch beruflich, einsetzt. Prenskys (Prensky, 2001) Konzept der digital natives, welches eigentlich Personen bezeichnet, die im Umfeld aktueller IKT aufgewachsen sind und dieses deshalb als selbstverständlich an- und hinnehmen, kann durchaus auch auf einige jüngere wissenschaftliche Disziplinen übertragen werden. Ebenso finden sich sogenannte digital immigrants in der aktuellen Wissenschaftslandschaft, d.h. Disziplinen die bereits vor dem Anbruch des Computer- und Internetzeitalters existiert und wissenschaftlich gearbeitet haben, und parallel zum technischen Fortschritt bestimmte digitale Werkzeuge und Dienste für sich entdecken und in das eigene Methodenrepertoire aufnehmen (Beispiel: (Korpus-)Linguistik).
Daneben finden sich allerdings auch viele Disziplinen, die weder "digital geboren" noch erfolgreich in die digitale Arbeitswelt migriert sind. Die Gründe dafür mögen einerseits in teilweise sehr traditionellen Fachkulturen und konservativen Arbeitsmethoden liegen, und andererseits in den besonderen Anforderungen die solche Wissenschaftler an digitale Werkzeuge haben. Digital Humanities-Tools müssen einerseits Arbeitstechniken und -praktiken aus dem nicht-digitalen Arbeitsalltag möglichst gut abbilden (etablierte Metaphern, etc.) und andererseits ein hohes Maß an Benutzbarkeit und Benutzerfreundlichkeit aufweisen. Beide Anforderungen sind wichtig, um die Einstiegshürde zum Gebrauch solcher Tools möglichst niedrig zu halten. Die sprichwörtliche Kluft (Unsworth, 2000), die zwischen Informatikern, also den Erstellern von digitalen Werkzeugen, und Geisteswissenschaftlern, also den tatsächlichen Anwendern dieser Tools, besteht, zeigt zwei wesentliche Perspektiven auf die Disziplin der Digital Humanities. Digital Humanities sind im Schnittfeld von IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) und geistes-/ sozialwissenschaftlichen Methoden angesiedelt, und sollen einerseits informationstechnische Grundlagen für Geisteswissenschaftler vermitteln, andererseits aber auch gelernte Informatiker für Anforderungen und Methoden von Geisteswissenschaftlern sensibilisieren.