Auch
wenn der Veroneser Dichter Catull bereits in jungen Jahren verstarb und ein
Werk von überschaubarem Umfang hinterließ, das nur durch eine einzige
Handschrift überliefert wurde, sind Bekanntheit und Beliebtheit des Autors bis
heute groß. Nicht nur das Lob des Urlaubsortes Sirmione am Gardasee (Catull. 31,1f.
Paene insularum, Sirmio, insularumque
ocelle) ermöglicht eine Identifikation mit dem Dichter, auch in die
Geschichte des Liebens und Leidens mit Lesbia vermag sich der moderne Leser
hineinzuversetzen. Der Inhalt von Catulls Gedichten unterscheidet sich durch
leidenschaftliche, subjektive Liebesdarstellung, auch durch hemmungslose
Obszönitäten und bissigen Spott gegenüber hochgestellten Persönlichkeiten
radikal von der zuvor gewohnten römischen Dichtung.
In
der Form gingen Catull und seine literarischen Mitstreiter ebenfalls neue Wege:
In Anlehnung an den Ausspruch des Kallimachos, ein großes Buch sei ein großes
Übel, schufen die sogenannten Neoteriker im Sinne ihres Ideals vom universal
gebildeten poeta doctus gelehrte,
ausgefeilte Kleindichtung. Neben den berühmtesten, aus der Schule bekannten
Gedichten über die aufreibende und verzehrende Liebe zu Lesbia, den scharfen
Angriffen auf Caesar und seinen Günstling Mamurra stellen unter anderem die
Epyllien der sogenannten carmina maiora
(Catull. 61–68), durchkomponierte, anspielungsreiche Kleinepen zu
mythologischen Themen, einen wesentlichen Bestandteil des Werkes des Dichters
dar.
Im
Kurs soll das gesamte Werk des Dichters thematisiert werden; neben der gründlichen
sprachlichen und inhaltlichen Erschließung der repräsentativen Gedichte werden
auch Aspekte der Metrik, Textkritik und des historischen und literarischen
Hintergrundes behandelt.
Textgrundlage:
Catulli Carmina, ed. R. A. B. Mynors, Oxford 1958
(OCT).