Kern der Philosophie ist es, gut zu argumentieren, methodisch Begriffe zu bilden und treffende Fragen zu stellen. Logik, wie sie meistens betrieben wird, ist als Theorie des formalen Argumentierens fassbar, die gelegentlich auch (in der Form einer Definitorik) das formale Bilden von Begriffen erfasst. In jedem Fall gibt es Standards und Verbindlichkeiten auf diesen zwei Gebieten. Dies gilt nicht vom Fragen, obwohl es in der Verfahrensordnung wohl die primäre philosophische Tätigkeit ist. Das Theoretisieren über das Fragen, egal ob in einem formalen oder informellen Duktus, kennt nur wenige allgemein akzeptierte Thesen und wird in Philosophie und Logik fast immer stiefmütterlich behandelt. Das Seminar bietet einen Überblick über gut ausgearbeitete formale und informelle Ansätze. Insbesondere die derzeit wohl am stärksten untersuchten Ansätze der Inferential Erotetic Logic (Wisniewski), der Inquisitive Semantics (Ciardelli et al.) und des Interrogative Model of Inquiry (Hintikka) werden genauer betrachtet. Die Rücksicht unter der die Texte studiert werden ist eine philosophische: Welche der Theorien bilden die Komplexitäten des philosophischen Fragens am ehesten ab? Welche sprachphilosophischen Voraussetzungen stellen diese Theorien jeweils?
Der Erlanger Konstruktivismus, als eine der zwei einflussreichsten deutschen Philosophieschulen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, entstand mit seiner methodischen Prägung aus den Einflüssen der frühen analytischen sowie der kontinentalen Philosophie. Merkmale dieser Schule waren die Kritik der Bildungssprache und die Einbettung philosophischer und wissenschaftlicher Fragestellungen in die schon immer existierenden Praxen der Lebenswelt. Peter Janich entwickelte diese Sichtweise in charakteristischer Weise zum methodischen Kulturalismus weiter. Insbesondere der Gegensatz zwischen Natur und Kultur spielt nun eine zentrale Rolle. Janich grenzt sich vom Naturalismus, der weite Teile der analytischen Philosophie durchzieht, ab, indem er das Erkennen der Umwelt und die Hochstilisierung dieses Erkennens zur Wissenschaft nicht als eine Abbildung der menschenunabhängigen Natur sieht, sondern als ein von Zwecksetzungen und Zweck-Mittel-Rationalität geprägtes, aber historisch gewachsenes Betätigungsfeld. – Das Seminar beschäftigt sich anhand einiger Schriften von Janich mit den erkenntnistheoretischen Grundlagen des methodischen Kulturalismus. Doch auch Janichs Kontrahent, der Naturalismus, soll durch Quines „Epistemology Naturalized“ repräsentativ diskutiert werden. – Die Literatur wird in der ersten Sitzung bekanntgegeben.