In seiner postkolonialen Theorie betrachtet Homi Bhabha Kultur unter dem Aspekt eines dritten Raums, eines Überlappungsraums zwischen verschiedenen, ungleichzeitigen, inkommensurablen Kulturen, ein Grenzgebiet. Bewohner dieses Gebiets leben jenseits nationaler Grenzen, befinden sich in “einem Moment des Übergangs, in dem Raum und Zeit sich überschneiden, um komplexe Gebilde von Differenz und Identität, von Vergangenheit und Gegenwart, Innen und Außen, Inklusion und Exklusion auszubilden” (Bhabha 2004,2). Ein kurzer Streifzug durch das deutsch-tschechische Grenzgebiet genügt, um einen Einblick in diesen dritten Raum zu gewinnen, der sowohl in seiner Sprache, in seinen Ortschaften und Texten gemeinsame Geschichte, Zusammenleben und Erinnerungen als auch Trennung und Auseinandersetzung aufzeichnet.
Sowohl Tschechische als auch deutsche Regisseure haben sich mit dem bewegten deutsch-tschechischen Zusammen- und Auseinanderleben in vielen Filmen auseinandergesetzt, prägen dabei das kulturelle Gedächtnis durch das Massenmedium. Ziel dieses Kurses ist es, repräsentativen Filme über das Grenzgebiet seit dem Zweiten Weltkrieg bis in jüngsten Vergangenheit nachzugehen, um tschechische und deutsche Blicke auf den dritten Raum aufzuspüren und kritisch zu analysieren. Dabei sollen durch die zeitliche Spanne des Kurses Verschiebungen in der Wahrnehmung des Grenzgebiets und des Anderen erfasst werden. Die Beschäftigung mit Filmen und deren Entstehungskontext soll zur Reflexion unserer Identitäten und der Bilder von unseren jeweiligen Nachbarn anregen und uns helfen, filmanalytische Kompetenzen zu entwickeln.