Die Werke Michail Bulgakovs gehören zu den wichtigsten Prosatexten
der russischen Literatur im 20. Jahrhundert. Besonders sein bekanntester
Text – der Roman „Master i Margarita“ – hat nicht nur in Russland einen
Kult-Status. Doch auch der Autor selbst bzw. seine „literarische
Persona“ ist bereits in der späten Sowjetzeit zu einem Mythos geworden:
Seine apodiktischen Aussagen gelten als „Wahrheiten“ mit außerzeitlicher
Geltung; die Handlungsorte seiner Werke in Kiew und Moskau werden zu
Pilgerorten für zahlreiche Fans.
Die Gründe für diese Popularität sollen im Seminar durch die
eingehende literaturwissenschaftliche Analyse Bulgakovs Werke erörtert
werden. Die besonderen Bedingungen ihrer Entstehung und
(Nicht-)Publikation bzw. (Nicht-)Aufführung werden wiederum im
kulturpolitischen Kontext der Zeit erarbeitet: Die Revolution und
Bürgerkrieg an der Peripherie, die sowjetische Nationalitätenpolitik der
1920er und 1930er Jahre, die sozialen und biopolitischen Utopien – all
diese Themen sind in die Textstrukturen seiner Werke eingebettet und
gipfeln in Bulgakovs literaturästhetischen Reflexion über Kunst und
politische Macht.
Im Zentrum des Seminars rückt somit das Spannungsverhältnis zwischen
kulturpolitischen Versuchen, Autoren und ihre Werke für die politische
Propaganda zu instrumentalisieren, und immanent ästhetischen Strukturen
von langlebiger Dauer, die in verschiedenen künstlerischen Formen (wie
Roman, Drama und Film) ihre Wirkungsmacht entfalten.