Schöne, gesunde und junge Körper sind die Kennzeichen von Helden und Heldinnen (nicht nur) in der Dichtung des Hochmittelalters. Schon Werke mhd. ‚Klassiker' wie Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach kennen aber zugleich auch die literarische Inszenierung des hässlich-abnormen oder verstümmelten und nicht zuletzt des kranken Körpers. Eine Ästhetik des Schönen wird dabei auf eine bezeichnende, je nach Gattungskontext und Thema von Werk zu Werk changierende Weise von Aspekten christlicher Ästhetik überlagert. Diese hat parallel zur Entstehungszeit der literarischen Texte im Bild des geschundenen Körpers Jesu Christi am Kreuz umgekehrt geradezu eine Ästhetik des Hässlichen ausgebildet. Im Seminar stehen daher neben Werken Hartmanns von Aue und Wolframs von Eschenbach ebenfalls Dichtungen aus dem Fächer der Gattungen der geistlichen Rede im Zentrum, insbesondere Lamprechts von Regensburg ‚Franzisken Leben‘ und ‚Tochter Syon‘. Das Seminar wendet sich an Studierende, die sich über Idealtypisierungen hinaus für ‚Höfisches‘ und ‚Geistliches‘ als Produkt eines differenzierteren Diskussionszusammenhangs interessieren.