Dieses Seminar, das sich an Lehramtsstudierende sowie an
Bachelorstudierende in frühen Semestern richtet, soll eine spielerische
Einführung in die algebraische Zahlentheorie geben.
Unser Leitmotiv wird die folgende Problemstellung sein: Gegeben sei
eine natürliche Zahl n. Welche Primzahlen p kann man dann in der Form
p=x²+ny² for ganze Zahlen x und y schreiben?
Im Falle n=1 gibt es eine sehr elegante Antwort: Es ist 2=1²+1², und
eine ungerade Primzahl p lässt sich genau dann als p=x²+y² für ganze
Zahlen x und y schreiben, wenn p bei Division durch 4 den Rest 1 lässt
(oder professioneller ausgedrückt: wenn p kongruent zu 1 modulo 4 ist).
Je größer man n wählt, desto komplizierter scheinen diese
Gesetzmäßigkeiten aber zu werden. -- Was steckt dahinter?
Motiviert durch jene Fragestellung (die übrigens auf den
französischen Mathematiker Pierre de Fermat zurückgeht) werden wir uns
im Seminar die Grundlagen der algebraischen Zahlentheorie erarbeiten.
Besonderen Wert möchte ich hierbei auf die folgenden beiden Lernziele
legen:
-- Obwohl in der obigen Problemstellung ausschließlich ganze Zahlen
auftreten, ist der Ring Z der ganzen Zahlen "nicht der richtige Ort", um
die Frage zu beantworten. Stattdessen müssen wir von Z zu einer
Ringerweiterung (d.h., zu einem größeren Ring) übergehen.
Für n=1 sollte man z.B. den Ring Z[i] der Gaußschen ganzen Zahlen,
bestehend aus allen komplexen Zahlen der Form a+bi für ganze Zahlen a
und b, betrachten. Warum gerade Z[i]? -- In diesem Ring faktorisiert
x²+y²=(x+iy)(x-iy).
Im Seminar werden wir anhand vieler Beispiele lernen, was bei der Wahl
dieser Ringerweiterungen zu beachten ist, und welche Gefahren sie mit
sich bringen (z.B. funktionieren Argumente, die von eindeutiger
Primfaktorzerlegung Gebrauch machen, dann i.A. nicht mehr).
-- Wir werden sehen, dass sich jeder solchen Ringerweiterung eine
endliche abelsche Gruppe zuordnen lässt (für Experten: die
Idealklassengruppe des zugehörigen Zahlkörpers), die man als Maß dafür
betrachten kann, wie schwierig es ist, in dieser Ringerweiterung
Zahlentheorie zu betreiben. Zum Beispiel: Ist die Gruppe trivial (d.h.,
bestehend aus einem einzigen Element), so verhält sich die
Ringerweiterung fast wie Z, hat also ausgezeichnete Eigenschaften. Im
Seminar werden wir (z.B. anhand der obigen Problemstellung) erkennen,
dass sich merkwürdige Verhaltensmuster unter den ganzen Zahlen oft auf
jene geheimnisvolle Gruppe zurückführen lassen. Unser Ziel wird es
schließlich sein zu lernen, wie man Eigenschaften dieser Gruppe nützen
kann, um Resultate über ganze Zahlen zu beweisen.
Je nach Anzahl und Vorkenntnissen der teilnehmenden Studierenden
könnten wir gegen Ende des Seminars außerdem besprechen, wie man durch
den Einsatz analytischer Methoden (speziell durch Zeta- und
L-Funktionen) zahlentheoretische Erkenntnisse erlangen kann.