Veränderte Bewusstseinszustände (ASC) und ihre motivische Funktion in der deutschen Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts
1966 veröffentlicht der Psychiater Arnold M. Ludwig einen Aufsatz, der
über die Grenzen seines Faches hinaus für erhebliches Aufsehen sorgen
sollte. Ludwig legt in diesem Text im Kern eine umfangreiche Übersicht
sogenannter „veränderter Bewusstseinszustände“ (Altered States of Consciousness)
vor: Luzide Träume, mystische Erfahrungen, durch Drogen induzierte
Rauschzustände, Hypnose, Nahtoderlebnisse, Halluzinationen, durch
Ekstase gespeiste Visionen, Trance etc. Gemeinsamer Kern dieser
Erfahrungen ist laut Ludwig ein „zeitweiser Wechsel im Gesamtmuster
subjektiver Erfahrung, so dass das Individuum glaubt, seine psychischen
Funktionen seien deutlich verschieden von bestimmten allgemeinen Normen
seines normalen Wachbewusstseins.“ Es leuchtet unmittelbar ein, dass
sich die Literatur in ihren Darstellungen für derartige Zustände
interessiert. An Texten von Ernst Jünger (Annäherungen), Gottfried Benn (Provoziertes Leben), Robert Musil (Ansätze zu neuer Ästhetik), Franz Kafka (Ein Hungerkünstler), E. T. A. Hoffmann (Der Magnetiseur), Novalis (Traum Eingangssequenz Heinrich von Ofterdingen) u. a. sollen die Quellen dieses Interesses erforscht werden.