Mehrsprachigkeit in Lateinamerika: Sprachliche Spuren von Mehrsprachigkeit und Migration
(Plurilingüismo en Hispanoamérica: manifestaciones lingüísticas del plurilingüismo y la migración)
Lateinamerika ist ein vielsprachiger Raum intensiven und vielgestaltigen Sprachkontakts – mit weitreichenden sprachstrukturellen Folgen. Dieses Seminar widmet sich den zahlreichen und doch ganz unterschiedlichen mehrsprachigen Situationen sowie besonders auch der Analyse lautlicher und morphosyntaktischer Kontaktphänomene, die in den letzten Jahrhunderten durch Kolonialismus und Migration entstanden sind.
Ein gewisser Fokus liegt naturgemäß auf dem den Kontinent prägenden Spanischen, etwa:
- in den Andenregionen im Kontakt mit dem Quechua,
- in Paraguay und Nordargentinien mit dem Guaraní,
- in Mexiko mit Nahuatl, Maya und zahlreichen anderen indigenen Sprachen,
- in Argentinien im Kontakt mit den Einwanderersprachen Italienisch und Galizisch,
- im Norden immer stärker im Kontakt mit dem Englischen.
Daneben finden sich aber noch immer zahlreiche Sprachinseln diverser europäischer Sprachen, die heute stark vom Kontakt mit den jeweiligen umgebenden Nationalsprachen geprägt sind. Dazu zählen insbesondere das Deutsche mit seinen vielfältigen Varietäten (in Südbrasilien, Argentinien, Chile, Paraguay), aber auch slawische Sprachen wie Ukrainisch oder Polnisch (z. B. in Argentinien und Brasilien). Beleuchtet wird auch der immer wichtiger werdende Kontakt mit dem Englischen, der heute besonders den Norden Lateinamerikas prägt.
Solche langjährigen und engen Kontaktsituationen haben in vielen Fällen zur Mehrsprachigkeit größerer Bevölkerungsgruppen geführt und sprachlich deutliche Spuren hinterlassen: z. B. Veränderungen bei Wortstellungsmustern – besonders im Zusammenhang mit der Informationsstruktur –, Entstehung neuer grammatischer Konstruktionen, etc. Im heutigen argentinischen Standard etwa sind Intonation und Rhythmus maßgeblich von der massiven italienischen Immigration im 19. und 20. Jahrhundert geprägt.
Das Seminar bietet einen Einblick in die sprachliche Vielfalt des Kontinents und zeigt, wie Sprachkontakt nicht nur Sprachen verändert, sondern auch soziale Dynamiken und Identitäten mitprägt.
Mindestens passive Kenntnisse im Spanischen sind erwünscht.